So geht also Hochsicherheitsspiel

Ich hab’s dann doch noch mal geschafft. Also diese Saison ins Stadion.

Nach dem Dauerkartendebakel und dank der etwas unglücklich erscheinenden Tatsache, dass ich bisher einfach aufgrund bestimmter Überlegungen und Entscheidungen kein Mitglied des Vereins bin (Teile der Diskussion darüber warum etc. gibt es bei Frau Jekylla in den Kommentaren) waren meine Chancen an ein Ticket zu kommen halt eher gering. Und zugegeben war meine Motivation, mich dann intensiv darum zu kümmern auch eher im Keller. Anyway, Hannover. Aus persönlichen Gründen eh ein mir liebes Reiseziel, und aus praktischen Gründen super für eine Auswärtsfahrt. Lange Einleitung kurzer Übergang: Ich hatte ein Ticket. Sitzend, direkt neben dem “Fanblock”. W1.Im ‘neutralen’ Block, wenn man so will.

Der Einlass war super geregelt, nach dem wir dem auf der Karte stehenden Hinweis (“Eingang West”) gefolgt waren und uns vor dem Betreten des Stadions noch ein Getränk genehmigen wollten, klärte uns ein freundlicher Ordner auf, dass es ein Sicherheitsspiel sei, und es vor der Gästekurve wohl keine alkoholischen (oder andere) Getränke gäbe. Immerhin seien Hannover und St. Pauli ja schwer verfeindet.

Danach erklärte er uns dann noch, dass wir für unseren Block doch bitte Eingang Nord nutzen…

Meine Zeichenkünste sind begrenzt, aber W1 ist quasi am Südende der Westtribüne, direkt an die Südkurve angrenzend, also sehr im Süden.

Süden. Das war das, was dem Norden gegenüber liegt. Aber okay.

Nord ist dann auch noch der Eingang direkt hinter Hannovers Fankurve. Der Eingang, den die Ultras (heißen die dort so?) nutzen. Die Ultras des Vereins, gegen den wir gerade ein Hochsicherheitsspiel besuchen wollten. Jedenfalls wenn man dem Ordner glaubt.

Wer den Widerspruch erkennt… naja.

Wir also einmal um das Stadion marschiert, lauter freundliche (ohne Ironie) Hannoveraner getroffen, die mich auch in St. Pauli-Kluft nicht böse anschauten. Und rein ins Stadion. Durch den Nord-Block (und lauter nette Ultras…) Richtung W1 und dann irgendwann auch am Ziel.

Vorab war irgendwie schon abzusehen, dass der neutrale Block ziemlich braun-weiß werden würde. es kursierten Gerüchte von 8.000 oder 10.000 Hamburgern in Hannover. Und siehe da, diese trafen ziemlich zu. Die Begleitung (erkennbare Hannover 96 Sympathisantin) fühlte sich zunächst fast etwas unwohl, wohl auch, weil der Ordner sie mit dem Hochsicherheitsspiel etwas auf das falsche Pferd gesetzt hatte. Und während ich noch damit beschäftigt war, sie zu besänftigen, kam das Spiel immer näher. Der Block füllte sich, und am Ende waren es geschätzt ca. 80-90% St.Pauli-Fans, die sich mit ein paar vereinzelten H96ern den Block teilten. Friedlich.

Etwas warmgesungen, zwischendurch von Herrn Foxxibaer begrüßt (der saß mit Freund Dirk im Nachbarblock), schon kam der Anpfiff.

Und nach unglaublich kurzer Zeit St. Pauli eins, Hannover null. Sechs Minuten. Aufspringen, jubeln, mehr jubeln, ungläubig die Augen reiben, weiterjubeln.

Große Freude vor allem auch darüber, dass Marius Ebbers endlich das erste Bundesligator geschossen hatte, seitdem er für uns spielt. Und darüber, wie brilliant das Tor herausgespielt war. Hach!

St. Pauli spielte überzeugend. Sicher in der Defensive mit einigen wirklich schönen Offensivaktionen. Die erste Halbzeit ging klar an uns.In Halbzeit zwei drehte Hannover zwar etwas auf, brachte aber auch nicht so richtig was zustande. Ich wurde zwar immer nervöser (meine Nerven.. ARGH), aber das änderte nichts daran, dass wir das Spiel schon ziemlich im Griff hatten. Statt der roten Karte gegen Haggui (ziemlich zurecht) hätte ich mir zwar lieber das möglicherweise verhinderte Zweinull gewünscht, aber so ging es ja auch. Naki vergab auch noch, dann war das Spiel vorbei. Braunweiße Seligkeit.

Das war jetzt schon der dritte Auswärtsdreier im Vierten Spiel. Vom FC St. Pauli. Direkt nach dem Aufstieg. (hier gehört jetzt noch einmal das ungläubige Augenreiben hin).

Nach dem Hochsicherheitsspiel dann nochmal im Mob durch die Massen an Hannoveranern. Ich hab nicht Mal aggressives Geschubse gegenüber St. Paulianern mitbekommen. Was nach einer Niederlage zumindest möglich gewesen wäre.

Kurz via Twitter mit den Herren Textundblog und Sparschaeler verabredet und raus, zum Treffpunkt. Nach einigen Minuten stieß dann auch der Foxxibaer inkl. Begleitung zu uns, und noch ein paar Minuten später schaffte es Frau Little Rogue dann auch noch, kurz vorbeizuschauen. Letztere verließ uns noch kurzem Hallo leider wieder Richtung Parkplatz, während der Rest sich langsam und entspannt auf den Weg zum Bahnhof machte, um die beiden Herren aus der schönsten Stadt der Welt rechtzeitig in Ihren Zug zu setzen. Ein entspanntes Gilde Pilsener am Maschsee wurde dazwischengeschoben und so kamen wir ziemlich präzise am Bahnhof an. Nachdem wir uns verabschiedet hatten, dann noch ein kleiner Abstecher in Hannovers Altstadt in etwas kleinerer Runde. Die zwei St. Paulianer und ihre jeweiligen Hannoveraner Gastgeber. Der erste Versuch eine Kneipe zu finden endete leider damit, dass die drinnen sitzenden Hannoveraner Fans uns zwar an ihren Tisch baten, die Wirtin uns aber barsch hinauskomplimentierte “Ich schenk nix mehr aus”. Naja, noch ein Getränk in einer spanischen Bar, danach ging’s dann langsam in die jeweiligen Schlafstätten.

Ein rundum schöner Auswärtstrip. Danke, an den magischen FC, die beste Begleitung der Welt, die Stadion-Twitterer und Dirk für einen Prima Abend.

Die Herren Textundblog und Foxxibaer haben sich auch zu dem Abend geäußert, hier:

Geniale FC St.Pauli-Auswärtsfahrt nach Hannover
Auf Kaperfahrt in Hannover

2:2 am Millerntor

Mal wieder durfte ich mir ein Spiel meiner Helden live ansehen. Diesmal durfte ich freundlicherweise den Stehplatz von Frau Jekylla vertretungsweise blockieren, die mir Ihre Dauerkarte geliehen hatte. Mit mir im Stadion war zudem Herr Textundblog, mit dem ich mich vor dem Spiel traf. nach ein paar gescheiterten Heimspielanläufen haben wir uns nun also doch einmal in “echt” getroffen.

Was soll ich sagen, mit zwei Tagen Abstand ein wirklich tolles Spiel eigentlich.

Nach den ersten 20 oder 30 Minuten machte sich bereits Verzweiflung breit. St. Pauli spielte unüberlegt panisch (und ich fluchte durchgehend darüber, dass alle Angriffsversuche durch die Mitte erfolgten) und Ahlen schaffte es sehr effizient seine Chancen zu nutzen. Wobei.. Das 0:1 nach einem Freistoß der meiner Meinung nach keiner war, das 0:2 nach dem unser Torwart sich nicht entscheiden konnte ob er hingeht oder doch lieber auf der Linie bleibt. Naja, Herr Textundblog meinte dass da noch was ginge, immerhin hatte er eine ungeschlagene Heimspiel-Serie zu verteidigen. Aber so wirklich überzeugt von sich wirkte er dann auch nicht. Naja.

Aber – das geht wohl wirklich nur am Millerntor – Sankt Pauli kam zurück. Anschlußtreffer und Ausgleich fielen noch vor der Pause. Ui meine Nerven. Sowas macht natürlich Spaß, ist allerdings zugleich auch äußerst aufreibend. Naja, wie der geneigte Leser merken könnte, ich lebe noch.

Nun gut, in der zweiten Hälfte flog ziemlich schnell Ebbers vom Platz. Formal wohl zurecht (Trikotziehen im Mittelfeld), aber im Prinzip .. ARGH. Sankt Pauli ist wohl in der zweiten Liga das Team, mit der größten Erfahrung in Unterzahl und langsam macht sich das sogar bezahlt. Nach dem Platzverweis waren wir schon recht überlegen, Ahlen wirkte überraschend eingeschüchtert. So kam Sankt Pauli auch zu mehreren Chancen, die leider alle vor oder neben dem Tor landeten. Selbst der Elfmeter kurz vor Schluß wurde vergeben (was ich vorher ahnte und deshalb den Schuss mit dem Rücken zum Spielfeld erlebte). Elfmeter sind wahrlich nicht die Stärke St. Paulis.

Alles in allem ein sehr unterhaltendes Spiel mit leider einem Tor zu wenig für die Richtigen. Trotzdem: Die Serie von Herrn Textundblog sowie meine eigenen (Jeweils 2 Tore für St. Pauli pro Heimspiel, keine Niederlage) hielten.

12:30? Ohne mich!

Irgendwann neulich habe ich was dazu geschrieben, warum ich „Scheiss DSF“ zu pauschal finde. Warum ich persönlich Montagabendspiele sogar recht gut finde. Inklusive meiner Argumente dafür. Ich verstehe auch immer noch nicht, was dagegen spricht, den Spieltag zeitlich zu entzerren. Am Ende ist das ganze für das Endergebnis, für die Spannung, für die Meisterschaft, für Auf- und Abstieg meiner Meinung nach ziemlich unerheblich.

So weit, so gut. Nun kommt neuestens die DFL und ihr TV-Rechte-Vermarkter Sirius mit einer ausgefeilten Idee daher. Wir verschieben die Spiele der zweiten Liga nach vorn. Warum nicht Samstags um 13:00 spielen und am Sonntag – da kann man davor ja auch nichts machen – um 12:30.

Das geht dann aber sogar mir zu weit. Hallo? Um 12:30 habe ich als Vorort-Bewohner von Hamburg und nur-ab-und-zu-mal Heimspielbesucher ja schon ein Terminproblem noch zeitig ins Stadion zu kommen. Üblich ist sagen wir mal eine Stunde vorher da zu sein. Das hieße um 11:30 sollte ich ungefähr am Millerntor sein. Dazu muss ich bei optimaler Anbindung um 10:30 zu Hause los. Nun ist die Anbindung aber alles, nur nicht optimal. Ohne auf die Fahrpläne geschaut zu haben behaupte ich einfach, dass ich mit Bus und Bahn gegen 09.40 loskommen muss. Für ein Heimspiel. In der Stadt, die ca. 1.500 Meter von meiner Wohnung entfernt ist.

Neun Uhr Vierzig.

Das sind unglaubliche 100 Minuten später, als ich Wochentags aus dem Haus gehe, wenn ich morgens ins Büro muss. Supi. Gemütliches Sonntagmorgen-Frühstücken ist dann nicht mehr drin. Übrigens auch nicht „In die Kirche gehen“ (ja, ich gehe nicht in die Kirche, aber das 10:00 ist Gottesdienst-Zeit scheint ein besseres Argument zu sein als „das ist Fan-feindlich“. Die DFL ist wohl etwas Gottesfürchtig?).

Ok, aus meiner Sicht ist der Termin also irgendwie ziemlicher Mist. Egoistisch gesehen, versteht sich. Aber das geht offenbar den meisten anderen Fans oder Sympathiesanten genau so. Sonst wäre die Resonanz die die Sozialromantiker-Ini-St.Pauli innerhalb weniger Tage erzielt hat nicht so groß gewesen.

Lassen wir aber nun die egoistischen Fans beiseite, die „ihren“ Fußball gerne auch ab und zu im Stadion erleben wollen. Gucken wir auf die DFL und Ihre altruistischen Beweggründe:

Durch die Trennung der Termine für erste und zweite Liga würden mehr Leute Fußball im Fernsehen gucken können. Bzw. Mehr Leute mehr Spiele. Klar, ich fange Mittags mit zweiter Liga an um dann nahtlos die drei Sonntagsspiele der Bundesliga zu sehen. Nacheinander. Von 12:30 bis 22:00 Fußball gucken. Toll. Und wie viele Menschen das mit Begeisterung nutzen werden. Keine Ahnung, 10.000? 50.000? Also vielleicht, optimistisch geschätzt eine ordentliche Stadionfüllung. Alle anderen werden sich vor allem für „ihren“ Verein begeistern. Und für die Liga in der ihr Verein spielt. Gucke ich Bundesliga? Alle paar Wochen kurz in der Sportschau. Ein intelligentes Zweitligaformat würde ich dafür regelmäßig schauen. Aber nicht weil es zeitversetzt läuft, sondern weil es die Liga „meines“ Vereins ist. Heißt für die Einschaltquote – und vor allem für die Quote der Pay-TV-Kunden ein verschwindend geringer Effekt.  Zumal man nicht vergessen darf, dass sicher auch genug wegen der Terminverschiebung kein Pay-TV haben wollen werden. Wer will schon am Mittagstisch Fußball gucken?

Zweites Argument: Attraktivität für ausländische Märkte. Ja, die Bundesliga. Vielleicht. Hallo? Die maximal viertbeste Liga Europas? Wer ist denn in Asien wirklich relevant? Wenige englische Top-Clubs und Real Madrid oder so. Vielleicht noch ein paar Teams mit entsprechenden Spielern. Mehr nicht. Und da wollen die Damen und Herren von der DFL also nennenswerte Umsätze generieren? Weil man den durchschnittlichen Fußball dann dort in der Prime-Time sehen kann? Übrigens etwas, das in Deutschland (leider) viel zu selten passiert (ja, ich fände Samstags, 19:00 oder 20:00 toll). Ach so, außerdem: Ich rede hier von der Zweiten Liga. Die natürlich noch weniger Asiaten ansprechen wird als es die Bundesliga schon machen dürfte.

„Ja, aber man muss ja auch für die Zukunft planen!“

Genau. Und die Zukunft funktioniert nicht, ohne Fans. Fußball im Fernsehen ist für viele doch nur deshalb interessant, weil sie etwas mit ihrem Verein verbinden. Und das ist untrennbar mit der Fankultur verbunden. Natürlich kann ich auch für „irgendeinen Verein aus meiner Nähe“ sein. Aber das ist dann nichtmehr Begeisterung, Liebe, Zuneigung, sondern allenfalls eine gewisse Sympathie. Nur: Nur aufgrund einer gewissen Sympathie kaufe ich keinen Fanschal, kein Premiere-Abo, gehe nicht ins Stadion. Nicht mal um 20:15. Samstags. Mittelfristig wird diese Strategie also dazu führen, dass die Umsätze der Vereine sinken. Vielleicht erst in 10 Jahren, aber das reicht.

Ich bin absolut kein Sozialromantiker, aber in einem Stadion das nur noch aus Business-Seats und Logen besteht, werden auch Geschäftsleute nicht mehr mit ihren Kunden gehen wollen. Schon gar nicht um 12:30. Sonntags.

Mehr zum Thema zum Beispiel bei kein Kick vor zwei, bei Frau Jekylla und bei der Sozialromantiker-Ini-St.Pauli, Die ist seit heute dann auch erstmal bei den Blogbuttons verlinkt.