Spieltag 10 – Zwischenfazit 2017/18

Zehn Spiele seien ausreichend um ein Zwischenfazit über „die Saison“, „den Trainer“, „die Mannschaft“ oder sonstwas im Fußball zu ziehen heißt es oft. Warum auch immer ausgerechnet zehn statt neun oder 11. Aber nun. Weil mir eh gerade nach schreiben ist, passt das ganz gut. (und ich blende mal aus, dass es ein elftes Pflichtspiel im Pokal gab).

In Zahlen (Vergleich letzte Saison Hinrunde/Rückrunde in Klammern):

  • 5 Siege (1 / 4)
  • 1 Heimsiege (1 / 2)
  • 17 Punkte (5 / 15)
  • 5 Heimpunkte (4 / 8)
  • 10 geschossene Tore (7 / 13)
  • 12 eingefangene Tore (18 / 7)

Schaut alles ganz gut aus, oder?

Bessere Punkteausbeute, als in der „Rekordrückrunde“, okayer Tabellenplatz (mit beruhigendem Abstand zu den Abstiegsplätzen) in der Nähe der Aufstiegsplätze.

Aber.

Man hört irgendwie nur Aber. Aber die Heimspiele, aber der unattraktive Fußball, aber alles nur Glück und Zufall und reingemurmelt. Aber die erste Halbzeit (gegen Ingolstadt! Braunschweig!! Düsseldorf!!!!). Aber die Rekordrückrunde, an die angeknüpft hätte werden müssen, mit gleichem System und gleichem Fußball dank gleichem Kader, hätte doch gleiche Ergebnisse, mindestens. Aber die Null muss stehen, aber erfrischend! Aber Kiel macht es vor! Aber Janßen!

Merkt man, dass ich geringfügig genervt bin von Aber? Als jemand der selber und viel und gerne aber sagt?

Läuft doch.

Reden wir mal über den Kader. Der gleichgebliebene Kader hat sich nämlich doch verändert. Letztes Spiel 2016/17, Bochum.
Abwehr Sobiech, Ziereis, Gonther, Hornschuh.
Vorletztes Spiel 2016/17, Fürth.
Abwehr Sobiech, Ziereis, Gonther, Buballa.
Vorvorletztes Spiel 2016/17, Kaiserslautern.
Abwehr Sobiech, Hornschuh, Gonther, Buballa.

Gonther ist weg, Ziereis langzeitverletzt, Hornschuh hat Rücken. Sobiech hatte von Spieltag 2 bis Spieltag 5 Gehirn. Buballa hat jetzt Nachwuchs.

Sprich: Der Kader mag zwar nominell derselbe sein, aber die Mannschaft auf dem Platz ist es eben aus diversen Gründen nicht.

(Ergänzend dazu z.B. Buchtmann, der ne Weile raus war, Bouhadouz, der ne Weile Raus war, Mats Möller-Daehli, der ne Weile raus war…Will sagen, es beschränkt sich auch nicht nur auf die Abwehr.)

Reden wir über die Rekordrückrunde. Die war zwar von der Punkteausbeute rekordverdächtig, von dem auf dem Platz fand ich persönlich aber oft auch nicht „aufregender“, als das, was wir z.B. gegen Kaiserslautern gesehen haben. Eher im Gegenteil. Hinten sicher stehen (mit diversen Herzkaspermomenten, die dann irgendwie nicht im Gegentor endeten) und vorne Glück und Aziz (der bisher nicht so recht in Tritt kommt.). So „attraktiv“ (as in: Torraumszenen en masse und Aufbauspiel wie beim BVB) war das alles nicht. Ist eben zweite Liga. Und ganz ehrlich: Ich fand das Spiel gegen Lautern am Freitag gar nicht so unattraktiv. Da wurde Fußball gespielt, gegen einen sehr kompakten 9er-Block der Lauterer. Da wurden immer wieder kluge Ideen in Form von sehr steilen Vertikalpässen gezeigt, die dann leider nicht ankamen. Aber das ist das Schicksal von Offensivarbeit, dass eben ein hoher Prozentsatz nichts wird, oder eben nichts bringt.

Natürlich kann man das noch besser machen, aber nochmal: Zweite Liga.

Reden wir über Systemwechsel vs. das Spielen, was man immer spielte. (bzw. eben in der Rückrunde). Das „System“ aus der Rückrunde haben wir in der letzten Hinrunde meist auch schon gespielt. Meiner Meinung nach nur in den ersten 2,5 Spielen nicht. Zieht man die ab, hätte die Hinrunde ja auch schon mindestens solide sein müssen, war sie aber irgendwie nicht. Mal ab davon mag man mal Ewald Lienen zuhören, was seiner Meinung nach eben so noch zentral ist (ich kürze auf Einsatz, Zweikampfführung, Willen) neben und tlw. statt dem System.
Dazu kommt finde ich, dass man eben einfach nicht immer dasselbe spielen sollte, schon weil sich die Gegner darauf einstellen. Und ich glaube nicht, dass man mit reinem „Hinten sicher stehen und vorne hilft der liebe Gott“ geplant die zweite Liga dominiert (und was anderes als Dominanz wäre es nicht, wenn wir deutlich besser wären, als jetzt).

Reden wir über die erfrischenden Kieler? Erfunden haben die das Spiel auch nicht neu. Ja, es läuft gerade bei denen, sicher auch wegen des zusammengebliebenen Kaders, aber sicher auch weil sie „gerade einen Lauf haben“. Und wenn man sich mal unser Spiel dort anschaut…tjanun, ich fand sie da weder erfrischend noch siegreich. Aber klar liest sich 5:3 gegen Heidenheim aufregend (und mir ist ein 1:0 dennoch lieber. 5:3 heißt nämlich auch, dass man mindestens 3 entscheidende Fehler gemacht hat. Mal ab davon, dass nach der roten Karte für Heidenheim quasi 3:2 gespielt wurde. 2 Gegentore trotz Überzahl – die Diskussion will ich bei uns erleben. Oder eher nicht.).

Oh und DUKSCH! Ist doch eigentlich unser Stürmer! Fehlentscheidung diesen Weltstürmer abzugeben, der trifft ja, wie er will. Hm. Ja. Vielleicht weil wir ihn abgegeben haben? Weil er in Kiel in der dritten Liga erstmal ankommen konnte und mit fünf Toren jetzt auch nicht „überperformen“ musste. Auch da wieder: Hätte man Duksch hier mehr Spielzeit in der Hinrunde gegeben, hätte ich das Gemecker hören wollen. Der hatte Startschwierigkeiten, warum auch immer. Schön für ihn, dass er trifft, aber ob er hier genauso träfe…?

Eigentlich sollte das ja ein Zwischenfazit…? Also: Im Großen und Ganzen finde ich das alles schon ganz gut, was da passiert, diese Saison. Klar, mehr Tore wären nett, mehr Heimsiege auch, vielleicht ein bis drei weniger verschlafene Anfangshalbzeiten und wir wären an Fortuna dran.

Aber bestimmt ist die Erwartung auch etwas hoch. Wenn die Entwicklung so weiter geht, kann ich mir gut vorstellen, dass wir noch ganz oben reinrutschen. Wenn nicht, sollte die Saison trotzdem ohne größere Gefährdung nach unten beendbar sein. Wie immer hängt das auch an ein paar „Zufällen“. Platzt jetzt bei Allagui der Knoten? Wann findet Bouhadouz wieder in die Spur? Ist Mats jetzt schon fit genug um den Verlust von Cenk (Innenband?) zu kompensieren? Dennoch, die Abwehr steht trotz Ziereis und Hornschuh-Ausfällen weitgehend gut, Avevor macht das von Spiel zu Spiel souveräner.

Das wird.

Gefühlt gebrauchter Fußballtag

Es gibt so Fußballspiele, die reißen mit, die machen mir Spaß und selbst wenn das auf dem Platz irgendwie nicht so klappt, wie es sollte, ist es ok.

Und dann gibt es das Spiel St. Pauli: FC Heidenheim. Und ich weiß nicht warum, aber ich war mit ungutem Gefühl ins Stadion gekommen, war genervt von einer Luftballonchoreo die 5 Minuten vor dem Spiel schon vorbei war, anstatt auf die Jungs auf’m Platz zu warten. War genervt von Gemotze über die großen Doppelhalter zur Choreo. War genervt von einigen Aufstellungs-Details. (Wenn Du Mats Møller Dæhli im Kader hast und er gesund ist und trotzdem nicht auf’m Platz steht…Dass Lasse immer noch kaputt…)

Es gibt einfach so nicht-so-gutes-Gefühl Tage.

Und dann haut der Teddy auch noch eine durchaus qualifizierte Einschätzung des 4-4-2, wie es von uns im Moment gespielt wird raus, die dann auch nicht gerade Lust auf’s Spiel machte.

Aus schlechtes-Gefühl-Gründen dann „die Mütze“ eingepackt, die mir ein Teil des Lieblingsblogs vor ner Weile aus dem Urlaub mitbrachte. Vielleicht hilft die ja und bringt Glück.

Nein, ich hatte die Mütze nicht das ganze Spiel über auf.

Blöd ist es dann aber trotzdem, wenn die erste Halbzeit die eigene Genervtheit durch das, was da auf dem Platz passierte noch unterstützt.
Gefühlt zu viele Fehlpässe.
Gefühlt kein Mit- sondern eher ein Nebeneinander der beiden Sturmspitzen Bouhaddouz und Allagui.
Gefühlt Unsicherheiten in der Abwehr, was kein Wunder ist, weil – siehe oben – Lasse kaputt, Avevor irgendwie noch gefühlt wacklig.
Und Nehrig finde ich diese Saison auch noch nicht so ganz drin. Kampfsau as always, aber das Aufbauspiel mit zu vielen Fehlern, die einfach immer gefährlich wirken, weil ein Zuspiel aus dem hinteren Drittel das beim Stürmer des Gegners landet…achnaja..
Gefühlt dann Glück, dass Heidenheim sich wenig Chancen erspielt, trotz wackliger Abwehr, trotz freundlicher Unterstützung mit misslungenen Zuspielen und Co kein Tor macht und wir 0:0 in die Pause gehen.

Die Mütze hatte bis dato noch nicht wirklich was gebracht.

Mein Wunsch während der Halbzeitunterbrechung war dann Schoppenhauer und MMD für Nehrig und Avevor einzuwechseln.
Schoppenhauer kam zwar nicht, dafür Mats für Allagui. Bernd Nehrig wurde später dann auch (verletzt) runtergenommen, dafür kam Johannes Flum.

Systemumstellung zur Pause. Was mir – auch schon gegen Dynamo – gefällt ist, dass der Trainer zur Pause offensichtlich Dinge anspricht und umstellt, und dass das dann auch sichtbare Effekte auf dem Platz hat. Ob nun aufgrund veränderten Personals oder einfach, weil bestimmte Dinge anders gespielt werden. Ich fand Møller Dæhli sehr belebend, mir gefiel Flum besser, als Nehrig. Weil präziser. Vielleicht gibt es einfach Nehrig- und Flum-Spiele. Flum scheint mir ballsicherer, besser in der Lage Ruhe reinzubringen. Nehrig ist für mich eigentlich der Prototyp des Agressive-Leader. Ein Mix aus beiden wäre natürlich optimal, spielte aber dann wohl eher im Bundesliga-Mittelfeld.

Plötzlich sah das jedenfalls alles viel mehr nach Fußball mit Plan und Ziel aus.

Mehr Energie auf’m Platz, gefühlt (sic) mehr Spielfreude. Klar spielen sie da dann eben das System der Rückrunde 2016/17 und das sollten sie können. Aber im Detail liegts dann sicher auch am Gegner, der sein 4-4-2 einfach besser spielte, als wir unseres in der ersten Hälfte. Ein Gegner, der mit unserem 4-5-1 (im Stadion empfand ich es nicht als 4-2-3-1, dazu spielte mir das Mittelfeld zu flach beieinander) scheinbar schlechter zurecht kam. Aber vor allem ein St. Pauli, dass damit wohl besser zurecht Kam. In der Konsequenz einige gute Szenen, viele vielbejubelte Ecken, und mehr defensive Stabilität. Die Heidenheimer hatten trotzdem Chancen, aber es wirkte „runder“.

Stichwort Ecken:

Ich verstehe zugegeben den Jubel bei jeder Ecke für uns nicht. Ich finde auf die Schnelle keine validen Zahlen über mehrere Jahre, daher anhand der aktuellen Saison:
Wir haben diese Saison bis zum Heidenheim-Spiel 16 Ecken in 3 Ligaspielen und daraus entstand kein Tor.

Die Chance auf ein Tor nach einer Ecke ist (gefühlt) niedriger, als nach einem angekommenen Flachpass in den Strafraum. Aber dennoch feiern ‚wir‘ Ecken wie so’n halbes Tor.

Dass das Tor dann natürlich nach einer Ecke fällt, macht die Mannschaft auch nur, um mich zu ärgern.

Letztlich ist es aber immer noch so, dass wir jetzt mit 27 Ecken ein Tor erzielt haben. Das sind vier Prozent.  Und ja, das ist eine Berufskrankheit und ich bewerte alles erstmal an Wahrscheinlichkeiten.

Ist dann aber wohl auch egal.
Gewonnen.
Sieben Punkte nach vier Spielen. Ist jetzt nicht die Welt, aber im Vergleich zu letzter Saison nehm ich das so erstmal gerne.

Mein innerer Optimist sagt, dass sie das 4-2-3-1 eigentlich können, und nach dem „Flashback“ in der zweiten Halbzeit offenbar wurde, dass auch der Trainer durchaus in der Lage ist hier angemessen zu reagieren.

Mein innerer Pessimist hatte nach dem späten Erfolg trotzdem schlechte Laune. Es gibt so Tage.

Jetzt ist erstmal Länderspielpause. Auch sowas, von dem ich mich nerven lasse.

Ich bin gespannt, wie wir die nächsten Spiele angehen. Generell halte ich Flexibilität auf dem Platz für ein hohes Gut und würde mir wünschen, dass das 4-4-2 funktioniert. Mal schauen was kommt. Der Kader ist an sich völlig fein so, und noch ist die Saison sehr jung und diejenigen, die mehr Ahnung haben als ich, behaupten es sei im Prinzip eh noch Saisonvorbereitung. Wenn sich Allagui und Aziz finden, wenn die Systeme funktionieren und sinnvoll eingesetzt werden, wenn. Außer in München ist „wenn…“ wohl Fußballfans Liebling.

Wahrscheinlich wird es zumindest keine ganz stressige Saison. Wäre ja schon mal ein Anfang.

Weitermachen. Projekt #Felgeholen und so.

P.S.: Und können wir bitte bitte irgendwann bald (gestern!) mal aufhören zu pöbeln, wenn da auf dem Platz kontrollierter (und damit ggfs. ‚langsameren‘) Spielaufbau betrieben wird, statt wild nach vorn zu bolzen? Das ist kein 80er-Jahre-Schulsportplatz-gekicke da unten.

Und „GEH RAN!“ ist meist auch ne doofe Idee, weil dann Lücken entstehen in die Gegner…naja.

P.P.S. und bei aller Unzufriedenheit: Haben da welche zur Pause gepfiffen? Alter. Nein. Einfach nein!

Scheiß Kommerz

(Das wird gleich alles ein bisschen unsortiert und nur Befindlichkeitsbloggen. Weiß ich. Und wer sich den Schuh nicht anziehen will, sollte das bestimmt auch einfach nicht tun. Es fühlen sich ja meist eh vor allem diejenigen angesprochen die ausdrücklich nicht gemeint sind. Aber bei einigen da draußen frage ich mich einfach wirklich… Naja.)

Wo steht eigentlich geschrieben, dass man als „fangeführter“ Verein, der politisch nicht automatisch die Fresse hält und bei dem es zumindest im „inner Circle“ oder im aktiverem Umfeld einen gewissen Konsens links der Mitte gibt „antikommerziell“ und damit in Geldfragen dumm oder erfolglos agieren muss? Und wie kommen gerade im Moment eigentlich alle darauf, dass der FC St. Pauli kein Interesse daran hat und auch nie daran hatte, Geld zu verdienen (und dann in Steine oder Beine oder sonst was zu stecken)?

Ich finde das gerade richtig lustig, wie viele von außen sich im Moment wieder bemüßigen uns unseren eigenen Verein zu erklären. „Ihr seid doch antikapitalistisch und wollt gar nicht gewinnen!“.

Da werden dann Klischees repliziert, wie aus tiefsten Anpfiff-Bundesliga Zeiten. Als hätte Ulli Potofski sie in die Welt geworfen. Aus dem Freudenhaus der Liga direkt auf die Fernsehsofas der Bundesrepublik.

Und irgendwie wirkt es so, als hättet Ihr gerade eigentlich nur Angst vor uns. Oder davor, dass sich was ändert. Warum? Weil Eure Clubs gerade entweder ganz gut mit der ach so solidarischen Verteilung der Fernsehgelder leben können? Oder weil infrage stellen bestehender Strukturen immer auch das Risiko beinhaltet, dass sich wirklich was verändert. Hilfe! Oh Gott! Veränderungen!

Wenn wir so lächerlich wären, wie ihr behauptet, wäre es doch eigentlich alles Wurst, oder?

Der Antrag wird abgeschmettert, alles bleibt wie es ist, Thema erledigt.

Aber es wird diskutiert.

Die Aufkündigung der Solidarität! Durch St. Pauli! Ausgerechnet!!

Äh what? Ehrlich, welche Solidarität? Die Zentralvermarktung? Die so ist, wie sie ist, weil alle Angst vor der Einzelvermarktung haben, und die deshalb bereits jetzt so ungerecht ist, damit der FC Bayern bloß nicht den Alleingang wagt?

Ernsthaft – die Solidarität mit Vereinen, die im Sky-Rating permanent keine Sau interessieren, wenn sie nicht gerade gegen Bayern oder den BVB spielen? Die Solidarität von Vereinen, die dank potenter Besitzer oder Quasisponsoren vor Jahren oder Jahrzehnten schon alles was auch nur riecht wie Solidarität in den Wind schossen? Die „den Deutschen Vereinsfußbal“ mal gepflegt mit dem Hintern anschauten und das anstrengende 50+1 aushebelten.

Wenn Allofs und Völler Dir widersprechen musst Du heutzutage ja an sich automatisch was Richtiges gesagt haben.

Ich weiß nicht, wie die optimale Fernsehgeldvermarktung oder -Verteilung aussieht, aber ich weiß, dass die aktuelle Verteilung maximal den Status Quo zementiert, statt irgendwie für vergleichbare Bedingungen in den Ligen und Standorten zu sorgen.

Weil die, die sportlichen Erfolg haben reicher werden und dadurch sportlichen Erfolg kaufen. Wie war das?

„Die Liga ist tot“

Aber wenn man irgendwas ändern will, ist auch nicht recht, weil es ja noch schlimmer kommen könnte als jetzt? Eine ach so tote Liga wiederbeleben will nämlich eigentlich auch keiner. Weil sich dann was ändern würde.

Oder weil Veränderungen auch heißen, dass der Abbonnements-Dritte plötzlich anders oder neu nachdenken müsste?

Könnte man ja mal diskutieren. Aber stattdessen AAAH DIESE KAPITALISTENSCHWEINE! Im Bundesligafußball. Weil wir mal darauf hinweisen, was schief laufen könnte. Müssen nicht immer noch 36 Vereine Anträge abstimmen? Müssten dann nicht wenigstens 19 Zustimmen? Wo ist also das Problem, wenn dieser Amok-Idiotenverein aus St. Pauli da seinen Alleingang wagt.

Und dann das Ding mit Upsolut – Da kauft (!!Die müssen betteln, nicht kaufen! SCHEISS PUNKER!1!) der Verein sich die Rechte an seinem Merchandise zurück, übernimmt das Unternehmen bei dem die bisher liegen – und es wird ernsthaft schon wieder die Kommerz-Keule geschwungen.

Weil der FC St. Pauli Geld ausgibt (das wir gerade sogar haben. EIGENES GELD!) und Ihr Angst habt, dass wir plötzlich auch welches verdienen?

Weil Ihr heimlich wisst, dass wir ein Gefühl verkaufen können und Ihr nur T-Shirts?

Liebe Grüße nach Berlin übrigens, ich find‘s zwar schade, dass Ihr raus seid, aber ich kann verstehen, dass ihr das jetzt lieber selbst organisiert.

Und dann hauen einen Fans von anderen Vereinen an und erklären einem, man hätte gerade seine Seele verkauft hat. Spätestens damit aber eigentlich schon vorher. Modemarke!

Vorzugsweise erklären das einem dann Anhänger der Vereine oder Firmen, die mit Glück wissen, wie man Seele buchstabiert und mit Pech nicht mal eine haben.

Nennt es USP wenn Euch Seele nicht passt.

Oder ist das Euer eigentliches Problem. Angst?

Weil Euer einziger USP ist, dass ihr in Eurer Stadt die reichsten seid?

Und schöner Fußball?

Weil Eure international aufgestellten Companies es in all den Jahren nie geschafft haben eine Identität für die Fußballtochter aufzubauen, die sich nicht nur über das, was da auf dem grünen Rechteck abspielt definiert, die mehr wird als nur das Anhängsel des Sponsors. Die mehr ist als ein Maskottchen und schöner Fußball?

Mit Glück bleibt der Sponsor oder der Name wenigstens immer derselbe.

Mit Pech wart ihr vor 10 Jahren Auto und vor 5 Jahren Bier, und in 5 Jahren seid Ihr Versicherung. Und „moderner Fußball“.

Merkt Ihr eigentlich, wie austauschbar ihr seid? Weil Ihr „nur Fußball“ bietet? Nichtmal Euer Stadion heißt noch wie letzte Woche.

Weil Eure Fanbase wegen des „tollen Fußballs“ im Stadion sitzt, und nicht weil sie mit dem Verein irgendwas verbinden. Weil ihr bei Wunderkerzen „scheiß Pyro“ denkt, während ihr heimlich die „Südländische Stimmung“ vermisst. Weil Eure Fangesänge aus Markennamen bestehen.

Denkt mal an das, was in den Bäuchen und Köpfen der Leute passiert, wenn sie an Euren Club denken. Welches Lebensgefühl strahlt Ihr aus? Wofür steht Ihr? Habt Ihr überhaupt einen Markenkern? Moderner Fußball?

Was passiert eigentlich mit Euren Zuschauern, wenn es mal nicht so läuft?

Ach, im Kino soll es ja inzwischen auch wieder ganz hübsch sein. Und Championsleague gibt’s auch bei Sky.

Und wenn einer den Arbeitgeber und die Stadt wechselt, fährt er dann noch zurück, um Euch zu sehen? Oder ist die lokale „schöner Fußball“-Version nicht eigentlich dasselbe nur in schwarzgrün statt in blauweiß?

Na? Markenkern? USP? Nix?

Mal was gewonnen oder hier mal im Finale? Vor 10 Jahren mal hübschen Fußball gespielt? Das ist ungefähr solange unique, wie ihr halt den hübschen Fußball spielt. Aber es gibt noch 100 andere, die das auch wollen und mit Pech für Euch in 2 Jahren besser als ihr machen.

Weil es 100 andere gibt, die mit Geld Erfolg kaufen wollen und mit Erfolg weiteres Geld um mehr Erfolg kaufen zu können sammeln wollen.

Angst davor, dass der FC St. Pauli mal sein Potential ausschöpft?

Mal nicht nur der charmante aber reichlich verpeilte kleine Club da im Norden ist, der eigentlich nie was gebacken bekam. Weil sich die Fans (DIE FANS! DIE HABEN DOCH KEINE AHNUNG!) in alles einmischen. Guckt mal, die Idioten haben nichtmal den Stadionnamen zu Geld gemacht! Der Verein, bei dem es als Wunder galt, dass überhaupt mal das Stadion umgebaut wurde. Wenn der Verein dann doch mal was macht, agiert, nicht nur reagiert. Ideen entwickelt und endlich – ENDLICH mal nach draußen trägt, statt sich um sich selbst zu drehen.

Mir ist es tausendmal lieber, mein Verein macht einfach was. Das beinhaltet übrigens auch mal was falsch machen. Tausendmal lieber als nix zu machen. Lieber gestalten und auf die Nase fallen, als gestaltet zu werden und eh schon rumliegen.

Wie war das? Wer kämpft kann verlieren, wer nicht kämpft hat schon verloren? Kämpfen wir für unsere Ideale und unsere Ideen.

Vielleicht gewinnen wir ja sogar was.

Euer Gemotze ist doch eh nichts als verkapptes Lob, dass hier gerade mal was richtig gemacht wird.